video/installation

25. Juli 2009

Riesenästhetik Die Moderne als Ruine in Wien

Von Bert Rebhandl

Der Film Bantar Gebang (2000) von Jeroen de Rijke und Willem de Rooij stellt einen jener interessanten Fälle dar, in denen ein Werk aus dem Feld der Kunst direkt an ein Werk aus dem Feld des Kinos anschließbar scheint, ohne dass es eine ausdrückliche Beziehung gibt. Denn diese zehnminütige Einstellung von einem Armenviertel außerhalb der indonesischen Hauptstadt Jakarta könnte, mit einer geringen geographischen Verschiebung, ebensogut eine Einstellung aus einem Film von Lav Diaz sein. Der philippinische Regisseur hat häufig, wie die holländischen Künstler auch, lange Szenen, in denen die Kamera in der Totalen steht und einfach aufzeichnet, was sich im Bildausschnitt so tut.

In Bantar Gebang ist die Komposition sorgfältig gewählt – es gibt begrenzende Mauern des Elendsviertels, es gibt einen Weg im Vordergrund, es gibt einen Mittelpunkt auch des Geschehens im Inneren des Quartiers, das auf zugleich eine Müllhalde ist. Das, was geschieht, ist von so geringer dramatischer Bedeutung, dass der Film auch als Fotografie funktionieren würde, aber natürlich bekommt er erst durch die Dauer und durch die Geringfügigkeit der Ereignisse seine konzeptuelle Pointe.

Ich habe Bantar Gebang in Wien in der Ausstellung Die Moderne als Ruine. Eine Archäologie der Gegenwart gesehen, in der noch eine Reihe weiterer sehr interessanter filmischer Arbeiten enthalten sind: Programm (2006) von Florian Pumhösel, Fire Child (1971) von Gordon Matta-Clark (bei dem ich eine weitere Assoziation zum Kino hatte, in diesem Fall zu Chop Shop von Ramin Bahrani), Chicago Drive (1992) von Isa Genzken sowie – als sicher kontroverseste Arbeit – das halbstündige Video Desniansky Raion von Cyprien Gaillard. Die Flugaufnahmen, die dort von dem gleichnamigen Stadtviertel in Kiew zu sehen sind, verweisen mit ihrer posthumanistischen Grandiosität zurück auf den subjektlosen Blick von Überwachungskameras, den zum Beispiel Michael Klier in Der Riese schon mit Monumentalität assoziiert hat. Bei Gaillard laufen romantische Traditionen mit polizeistaatlicher Ästhetik wild durcheinander, und es ist von großer metonymischer Eindeutigkeit, wie er im Mittelteil von Desniansky Raion eine Passage verwendet, in der die Sprengung eines Gebäudes in Frankreich mit großem Feuerwerk inszeniert wird (das Zusammenbrechen ist dann nur die Coda zu den vielen «Explosionen» davor). Die einzige Passage des Videos, in der Menschen zu sehen sind, findet sich auch im Netz, und zwar vor allem deswegen, weil der Elektroniker Koudlam dazu die Musik gemacht hat.

 

Die Moderne als Ruine. Eine Archäologie der Gegenwart, kuratiert von Sabine Folie

19. Juni bis 20. September 2009 Generali Foundation, Wien