28. April 2009
Begegnung mit Jacques Nolot
Wegen Festivalbetrieb (Indielisboa) wenig Blogbetrieb. Filme gesehen. JCVD – tatsächlich ist der Monolog von van Damme, über den alle schreiben, ganz und gar groß. Außerdem gestern bei Terence Davies und seiner Liverpool-Elegie Of Time and the City zwischen Begeisterung und mittlerer Genervtheit geschwankt, aber immer solidarisch geblieben. Heute aber das erste Mal aus einem Film rausgegangen, Critico, einer Doku, die wahllos talking heads zum Thema Regisseure und Filmkritiker befragt. In den fünfundvierzig Minuten, die ich aushielt, so gut wie kein origineller Gedanke, weder von Michel Ciment noch von Richard Linklater, weder von Carlos Saura noch von ungezählten Schar mir unbekannter brasilianischer Stimmen. Elia Suleiman nehme ich aus, der ist auch da geistreich.
Der Höhepunkt des gestrigen Tags allerdings war ein Interview mit dem hier als «Independent Hero» gefeierten Schauspieler, Drehbuchautor, Regisseur Jacques Nolot. Ungewöhnliche Karriere: Frühe Jahre als Gigolo, Lover von Roland Barthes, Freundschaft mit André Techiné, Arbeit mit Claire Denis, mit Paul Vecchiali, von dem ich rasend gern einmal ein paar Filme sähe. Über Nolots Filme demnächst etwas mehr, hier nur ein paar Worte zu seiner Interview-Performance. Nolot, Mitte sechzig, erlesen gekleidet, immer Zigarette in der Hand, gibt die ganz coole Sau, die er, muss man zugeben, auch ist. Referenzen, Theorien, Vorbilder interessieren nicht. Er liest nicht, er hat das Gesamtwerk von Roland Barthes, wegen früher, aber reinschauen tut er nicht. Zu seinem Schreiben, seiner Arbeit als Regisseur sagt er wenig. Er kokettiert – jetzt sind Sie sicher enttäuscht –, wirft dann doch wieder eine spannende Information hin, zündet sich eine Zigarette an, weicht aus, wird etwas interessierter, als wir über eine einzelne Szene sprechen. Echte Erschöpfung nach so einem Interview, noch dazu mit Übersetzung über Bande geführt. Aber: Kokett, cool, faszinierend, toller Regisseur, egal, ob er wissen will oder nicht, was er tut.