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24. April 2010

Das starke Band Es regnet Lola (wie Manna) (Deutscher Filmpreis 2010)

Von Bert Rebhandl

Was war das für eine Farbe, die Angela Merkel bei der Gala zur Verleihung der deutschen Filmpreise 2010 trug? Mauve? Blazer und Brille der Bundeskanzlerin waren jedenfalls auf die ungewohnte Umgebung abgestimmt, an einem Abend, am dem durch das Finanzhilfeansuchen Griechenlands (45 Milliarden Euro von EU und IWF!) die künftige Staatsausgabenpolitik deutlicher denn je abzusehen war. Es klang denn auch schon ein bisschen wie Gerangel am Futtertrog, als Iris Berben kurz vor Ende der Zeremonie den Kulturstaatsminister für den deutschen Film (und damit implizit gegen die restliche förderungswürdige Kultur) vereinnahmte als «einen von uns».

Die deutsche Filmakademie blieb auch 2010 bei ihrem Sonderweg, das Bündnis (das starke Band) mit der Politik besonders auch zum Jahreshöhepunkt öffentlich immer noch eherner zu schmieden. Am Ende standen Angela Merkel, Barbara Schöneberger, Michael Haneke, Bernd Neumann, Iris Berben, Bruno Ganz und ein paar andere Vertreter der Zunft auf der Bühne, die ganze deutsche Kulturnation mit einem österreichischen Zampano inmitten, der längst größer ist als diese (global gesehen) Regionalbranche unter der Schirmherrschaft von Bernd Eichinger.

Michael Haneke gewann fast alles, nur in der Kategorie beste Hauptdarstellerin hatte Susanne Lothar aus Das weiße Band das Nachsehen gegenüber Sibel Kekilli aus Die Fremde. Die zog sich flugs die Schuhe aus, lief barfuß auf die Bühne und rief mit überwältigender Blauäugigkeit in den Friedrichstadt-Palast: «Ich will arbeiten.» Wer in diesem Moment nicht an die Pornobranche dachte, hat ein wahrlich reines Herz. Sibel Kekilli muss dorthin nicht mehr zurück, und auch sonst muss niemand Hardcore drehen, der auch für Hartz IV in Frage kommt.

Aber auch die Arbeitsmöglichkeiten für Schauspieler, Cutter, Requisiteure, ... hängen ja gar nicht so entfernt mit den Finanzdefiziten der Staaten zusammen. Und dann ist da ja auch noch die Sache mit den «guten Stoffen». Sibel Kekilli will nicht nur arbeiten, sie will auch mit guten Stoffen arbeiten – das größte Geheimnis der Filmindustrie, denn wer hätte gedacht, dass so viele Menschen auf dieser Welt «eine deutsche Kindergeschichte» aus Meck-Pomm für einen guten Stoff halten?

Barbara Schöneberger hatte zwischendurch auch einen schwachen Witz über die Berliner Schule auf Lager; das allein könnte Grund genug sein, das Label aus dem Verkehr zu ziehen, aber dazu ist es nun zu spät, es hat längst das andere UIfer der Häme erreicht. Die beste Dankesrede kam von Hans-Christian Schmid, der Karl Valentin zitierte: «Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.» Dass ich diesen Satz heute intuitiv auch fast schon so lese, wie die Kanzlerin die Filmwirtschaft sieht (nämlich als Standortfaktor mit Beschäftigungseffekt und Umwegrentabilität), sagt fast schon alles über unser dürftiges Epocherl.