dokumentarfilm

28. April 2015

Dark Passage Der neue Film von Zelimir Zilnik: Destination Serbistan zeigt Flüchtlinge in Serbien

Von Bert Rebhandl

© Zelimir Zilnik

 

Eine der vielen Ironien der Globalisierung: «Vor Jahrhunderten wurden unsere Vorfahren mit Gewalt als Sklaven in den Westen gebracht, nun kommen wir aus freien Stücken und zahlen sogar noch Geld dafür, damit wir hier als Sklaven arbeiten können.» Das ist zweifellos zugespitzt, aber enthält doch eine Menge Wahrheit. Die Situation in Afrika, von der Stanley Akumbe, ein Asylsuchender im südserbischen Tutin, spricht, hat nun einmal mit den historischen Bedingungen zu tun, mit der Kolonialzeit und all den vielen Ungleichzeitigkeiten, von denen die gegenwärtige globale Situation geprägt ist.

Ein Ergebnis ist jedenfalls seit langem unübersehbar: Menschen wollen nach Europa, aber sie dürfen nicht. Sie probieren es aber doch, zum Teil unter extremen Bedingungen. Zelimir Zilnik zeigt in destination Serbistan einige dieser Flüchtlinge, die es bis nach Serbien geschafft haben. Sie sind dort in Transit, einerseits, weil sie selbst andere Ziele haben (Norwegen, Schweden, Deutschland, …), andererseits, weil sie keinen Rechtstitel für ihren Aufenthalt haben. Deshalb schlafen manche in der Unterkunft in Tutin drinnen, andere campieren in der Nähe. Das sind unterschiedliche Formen eines pragmatischen Umgangs mit einem prinzipientreu nicht lösbaren Problem.

Zilnik hat sich mehrfach mit den Migrationen in Europa beschäftigt, seine Kenedi-Trilogie ist ein Schlüsselwerk zum Thema. In Destination SERbistan behält er seine Methode der indirekten Interviews bei, er befragt die Protagonisten nicht selbst, sondern sieht dabei zu, wie sie mit Menschen ins Gespräch kommen. Stanley und Mohamed, zwei Afrikaner, sind die beiden Intellektuellen des Films, sie reflektieren ständig auf die Bedingungen ihres Ganges nach Europa.

Serbien ist selber ein Land im Transit, auf dem Weg in die EU, aber noch außerhalb der Schengen-Grenzen. Hier kommen Leute durch, die zu Fuß (und ohne Schuhe im Schnee) durch die ganze Türkei und den südlichen Balkan unterwegs waren. Früher einmal gab es in Tutin eine Fabrik, heute gibt es auch noch fallweise Arbeit, aber bezahlt wird sie nicht. Die Afrikaner helfen bei den Aufräumarbeiten nach den großen Überschwemmungen von 2014, zwischendurch verrichten sie ihre Gebete. Sie sind Muslime, und auch Verfechter der Polygamie, wie sie in einem der zahlreichen Gespräche mit Einheimischen erklären.

Zilnik lässt dabei durchaus auch Sinn für die heiteren Ironien dieser kulturellen Begegnungen auf der Straße oder am Rande eines Bohnensuppenfestes erkennen. Bei einem Fußballspiel gewinnt die Mannschaft des offiziellen Flüchtlingsheims von Tutin, und der forsche, aber nicht unsympathische Leiter ist auch bester Dinge. Destination Serbistan ist ein Katastrophenfilm, der eher die Leute ins Bild bringt, die sich nicht unterkriegen lassen; andere, noch schwierigere Schicksale sind am Rand auszunehmen, bei einer Zimmerkontrolle im Heim, oder bei einem Campfeuer in einem verfallenen Haus, wo ein Syrer seine erfrorenen Zehen notdürftig behandeln lässt.

Destination Serbistan hatte am vergangenen Wochenende beim Filmfestival goEast in Wiesbaden Deutschlandpremiere