dokumentarfilm

25. April 2010

Kap der Angst Zwei Dokumentarfilme von Nick Broomfield über den südafrikanischen Extremistenführer Eugene Terreblanche (1941 – 2010)

Von Bert Rebhandl

The Leader, the Driver and the Driver’s Wife

© Nick Broomfield

 

Der südafrikanische Rechtsextremistenführer Eugene Terreblanche wurde am 3. April 2010 tot auf seiner Farm in Ventersdorp aufgefunden. Die genauen Umstände seines Todes werden gerade ermittelt, zwei junge schwarze Südafrikaner (28 und 15 Jahre alt) wurden in Haft genommen. Nachdem zuerst von einem Disput um ausstehende Lohnzahlungen die Rede gewesen war, in dessen Verlauf die beiden jungen Männer Terreblanche getötet hätten, wird inzwischen auch ein sexuelles Motiv nicht ausgeschlossen («there was sodomy going on and it sparked the murder», behauptet der Anwalt eines der beiden Tatverdächtigen). Unabhängig von den konkreten Umständen der Tat gilt der Fall auch als ein Indiz für die nach wie vor prekären Umstände des Zusammenlebens der Bevölkerungsgruppen in Südafrika.

Wer sich ein Bild von Eugene Terreblanche machen möchte, einer der kontroversesten Figuren der südafrikanischen Politik während und nach der Apartheid, kann dazu auf zwei Filme des britischen Dokumentaristen Nick Broomfield zurückgreifen: The Leader, the Driver and the Driver’s Wife (1991) sowie His Big White Self Revisited (2005). In beiden Fällen geht es um ein Interview mit Terreblanche, das nur unter schwierigen Umständen zustandekommt. Das Überwinden derartiger Widerstände ist ein Markenzeichen von Broomfield, er wurde deswegen schon verschiedentlich als «documentary stalker» bezeichnet (sein bester und lustigster Film in dieser Hinsicht ist Tracking Down Maggie, in dem er hinter der «Eisernen Lady» Margaret Thatcher her ist).

1991 reiste er nach Südafrika, und filmte wochenlang im Milieu der AWB (der Widerstandbewegung der Afrikaaner, Nachfahren der weißen Kolonisatoren der Kapregion, die unter anderem in dem antibritischen Nazipropagandafilm Ohm Krüger verherrlicht wurden). Da er an Eugene Terreblanche anfangs nicht direkt herankam, verbrachte Broomfield viel Zeit mit JP Meyer, damals der Fahrer des «Führers», und dessen Frau Anita. Aus den Gesprächen geht gut hervor, wie unausgegoren die politischen Ansichten unter Anhängern der AWB waren (die größte Angst vor «Vermischung» der Rassen war sexuell konnotiert: «Wir werden alle an Aids sterben»).

Das Interview mit Terreblanche kommt schließlich doch noch zustande, es ist aber von geringerer politischer Aussagekraft als die vielen Szenen aus dem alltäglichen Leben der AWB, die eine religiös fundamentalistische, kulturell bizarre Sonderwelt zeigen, in der weiße Männer ihre Bierbäuche in Milizuniformen zwängen und die Kinder mit Plakaten herumlaufen (müssen), auf denen «Mixed Education is Poor» steht.

Broomfield mag selbst gespürt haben, dass sein Versuch, Eugene Terreblanche als einen «lächerlichen» Mann zu zeigen, nicht weit führt, deswegen fuhr er 2005 noch einmal nach Südafrika, und montierte das damals gefilmte Material zu einem konventionelleren, dafür aber auch wesentlich informativeren Dokumentarfilm über Terreblanche, der gut als Basisinformation über Südafrika nach der Apartheid dienen kann. Zahlreiche Archivaufnahmen erhellen in His Big White Self Revisited die politischen Umstände, die in The Leader, the Driver and the Driver’s Wife nur in der Verzerrung der AWB-Weltsicht erschienen waren. So zeigt Broomfield zum Beispiel Bilder von einer Wahlversammlung des ANC 1993, die von der AWB mit Hilfe eines Trucks gesprengt wurde, der einfach durch die Glasfront des Kongresscenters fuhr. (Es sind dies alles nebenbei auch Bilder, die Clint Eastwood in seinem Heldengedicht Invictus ausblendet.)

Verblüffend ist aber vor allem, wie konkret sich die Umstände des Todes von Terreblanche in seinem Leben schon angekündigt hatten. 1996 kam einer seiner schwarzen Sicherheitsmänner zu ihm und verlangte seinen Lohn. Der Mann wurde von dem «Führer» der mittlerweile endgültig zu einer Terroristenbewegung gewordenen AWB mit dem Revolver so brutal über den Schädel geschlagen, dass er seither an einer teilweisen Lähmung leidet. Terreblanche, der in verschiedenen Verfahren zu Freiheitsstrafen verurteilt worden war, musste schließlich tatsächlich ins Gefängnis, kam aber schon 2004 nach nur drei Jahren Haft wieder frei. Seither galt er als ein «changed man», der zwar immer noch ein groteskes, religiös übersteigertes Selbstbewusstsein an den Tag legt (Broomfield filmte ihm 2005 bei einer Predigt, in der er sich mit Hiob und Jesus Christus verglich), der aber eher zurückgezogen auf seiner Farm in Ventersdorp lebte. Dort wurde er zum Opfer einer Gewalt, die Terreblanche zeit seines Lebens selbst geschürt hatte.

The Leader, the Driver and the Driver’s Wife (1991) und His Big White Self Revisited (2005) von Nick Broomfield