dokumentarfilm

8. Mai 2011

«Meine Mutter hat mich nie gewählt» Zu Pepe Danquardts Joschka und Herr Fischer

Von Simon Rothöhler

© X-Verleih

 

Wie Zemeckis' Geschichtstourist Forrest Gump steht Joschka Fischer in diesem artsy Videoleinwandwald, den Pepe Danquardt und sein think tank wohl als Dispositiv für eine «Selbstbegegnung» aufgebaut hatten. Der Mensch «hinter der medialen Repräsentation» – eine Konfrontation von Medien- und Selbstbild, sie nannten ihn Joschka, ja genau. Da steht er also rum, in diesem Kellergalerieraum voller historisch entleerter Guido-Knopp-Filmchen, eindeutig intellektuell unterfordert von seinem unsichtbaren Stichwortgeber – und unbequem ist die ganze Rumsteherei augenscheinlich auch. Joschka und Herr Fischer zeichnet sich durch komplette Abwesenheit auch nur jeder Schrumpfform von politisch-historischer Analyse einer Biographie aus, belegt aber doch recht deutlich, dass Fischer entweder schnell denkfaul und selbstgefällig wird, wenn er auf ein entsprechend devotes Gegenüber trifft, oder aber eben doch noch machtpolitische Restambitionen hegt, wie seine Freunde von der Bild Zeitung seit der Wahl in BW es kosequent lancieren. Die wohlgesetzte Distanziert- und Abgeklärtheit, mit der Fischer über seine «fehlgeleitete» Frankfurter Zeit spricht, lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass hier jemand bis weit in «die Mitte« hinein wählbar bleiben will. Roth&Trittin könnten ja doch noch mal anklopfen, bei einer Personaldecke, die jemanden wie Boris Palmer zu den Hoffnungsträgern zählt. Im Ernst, wer soll es sonst machen, wird sich Fischer gedacht haben, als er dem harmlosen Danquardt einen Weichspüler-Satz nach dem anderen durchgefunkt hat. Im Vergleich dazu sind die legendären ZDF-Sommergespräche von Peter Hahne mit christdemokratischen Führungsfiguren in Kurzarmhemden vor süddeutscher Urlaubskulisse Veranstaltungen auf heißem (Garten-)Stuhl. Danquardt montiert Fischers druckreif über den Brillenrand hinweg formulierte Selbstverleugnungen (wenn man es ihm positiv auslegen will) dann brav zu einem zähen Reigen, zu einem Promo-Streifen, der eine «bürgerliche Konsolidierung» belegen soll. Grün-Schwarz mit Vizekanzler Nobbi Röttgen wäre ja auch eine Option, die 8% Unions-Vorsprung kann man noch aufholen. Am Set stand offenbar niemand, der mal kurz ein «I'm not convinced» in die Runde hätte werfen können. Einmal sagt Fischer: «Ich glaube, meine Mutter hat mich nie gewählt.» Wie sich die Zeiten ändern.

Joschka und Herr Fischer (Pepe Danquardt) D/CH 2010. Kinostart: 19. Mai 2011