dokumentarfilm

29. Oktober 2013

Schuld-Fragen Die Seele des Geldes (1987) von Peter Krieg

Von Bert Rebhandl

© Peter Krieg

 

«Was suchen wir in den dunklen Stollen, die wir in die Erde graben?» Mit dieser suggestiven Frage beginnt Peter Kriegs Die Seele des Geldes, der als frühes Beispiel eines globalisierungskritischen Films gelten kann. In einer dreiteiligen Reportage mit Schauplätzen in Bolivien, Togo und natürlich New York versucht der 2009 in Berlin verstorbene kritische Dokumentarist eine Gesamtschau dessen, was die Welt zusammenhält. 1980 hatte Krieg mit Septemberweizen die Verflechtungen zwischen Konzern- und Kapitalinteressen einerseits und der Lebensmittelknappheit in Ländern der Dritten Welt untersucht.

Mit Die Seele des Geldes kam er auf diese Themen zurück, nun aber mit einem grundsätzlicheren, geldtheoretischen Interesse. Die drei jeweils 45 Minuten langen Teile lassen das in ihren Überschriften schon erkennen: Geld-Schöpfung, Schuld-Fragen, Not-Geld. «Geld entsteht in den Tempeln», lautet ein Schlüsselsatz. Krieg sah in der wachsenden Abstraktion der Finanzwelt eine «Verdrängung», denn es wurde dadurch unklarer, woher das Geld ursprünglich stammte – aus einem Opferzusammenhang, in dem Gott oder den Göttern, also den Eigentümern der Erde, Gaben als Entgelt für deren Nutzung dargebracht werden. Als die Deutschen 1906 in Togo den Geldverkehr einführten (im Film sehen wir einen alten Togolesen das Deutschlandlied singen, alte Version), überschrieben sie gewissermaßen die ursprüngliche Geld-Schöpfung. Dass das Opfer und nicht, wie bei Marcel Hénaff, die Gabe der Ausgangspunkt des Geldes ist, hat wohl auch einen kulturellen Hintergrund: Krieg ist eindeutig eher theologisch als soziologisch geprägt.

In den Interview-Passagen seines Films lässt er auch einige Experten mit durchaus dubiosen «psychohistorischen» Meinungen zu Wort kommen, die den Dollarkurs mit der «phallischen Präsenz» jeweiliger US-Präsidenten in Zusammenhang bringen. Im zweiten Teil «Schuld-Fragen» geht es um die Verschuldung der Dritten Welt (vor allem Lateinamerikas). Ländern legten ihren Rohstoffreichtum schlecht an, die abgeschöpften Profite flossen erst recht wieder an die Banken, der Bevölkerung blieben Ruinen von dubiosen Projekten. Im dritten Teil «Not-Geld» geht es um die Versuche, etwa in Bolivien die einstmals verstaatlichten Minen wieder zu privatisieren, um Einnahmen für den öffentlichen Schuldendienst zu lukrieren.

In seinen theoretischen Passagen wirkt Die Seele des Geldes heute an vielen Stellen eher unzulänglich, in seinen analytischen Verbindungen aber ist der Film stark: Er zeigt uns den Neoliberalismus in seiner ersten Hochphase. Zugleich vermittelt Krieg auch, wenngleich eher unausdrücklich, Eindrücke aus einer Kultur, aus der damals der Widerstand kam. Die Dritte-Welt-Bewegung konnte gar nicht anders, als zu versuchen, den Kapitalismus in seiner weltweiten Dimension zu begreifen.

Die Seele des Geldes (1987), Regie: Peter Krieg, 135 Minuten, wird heute, 29. Oktober 2013, um 19.30 im Arsenal gezeigt. Einführung: Dorothea Dornhof