essayfilm

16. Januar 2020

Krise! Welche Krise? Filmhinweis für Berlin: Vorzeit – Eloge auf Griechenland von Harald Bergmann

Von Bert Rebhandl

© Harald Bergmann

 

Die Zeus-Höhle im Landesinneren Kretas ist das erste Ziel von Harald Bergmann in seinem Film Vorzeit – Eloge auf Griechenland. Als dann noch ein Bild von den «Kurven und Spiralen» der minoischen Kultur folgt, scheint alles in eine bestimmte Richtung zu gehen: ein deutscher Hellenophiler verleiht seiner Liebe zu dem Land zwischen Antike und Gegenwart Ausdruck. Er schwärmt von dem großen Licht, und sucht nach den Bildern, mit denen er Gründe für seine Neigung geben könnte.

Doch dann nimmt Vorzeit eine andere Richtung: der griechische Frühling 2015 hat alles verändert. Bergmann, Filmemacher aus Berlin, bekannt geworden durch Brinkmanns Zorn und eine Hölderlin-Tetralogie, steht als Deutscher in einer Beziehung zu Griechenland, die von den Geschehnissen im Jahr 2015 nicht einfach absehen kann. Von einer deutschen „Aufhetzungskampagne“ gegen Griechenland spricht Bergmann, und sein Film (begonnen ohne Budget, später doch noch mit einer kleinen Finanzierung versehen) wird zu einer leidenschaftlichen Parteinahme gegen das Ressentiment, mit dem deutsche Medien (implizit im Einklang mit der deutschen Regierung) damals über die griechische Politik nicht so sehr berichteten, sondern urteilten.

Von «Kulturrassismus» spricht der Journalist Harald Schumann, einer der Interpreten, die Bergmann in einem Studio gefilmt hat. Die eigentlichen Experten aber sind die griechischen Menschen, die für ihr Land und ihre Nation und auch für ihr Volk sprechen, denn vor kollektiven Zuschreibungen scheut auch Bergmann nicht zurück. «Griechenland ist die Konstruktion, der sich Deutschland verdankt», heißt es an einer Stelle.

Der Film Vorzeit arbeitet an einer Aktualisierung dieser Konstruktion, und er arbeitet sich dabei auch an den Stereotypen der deutschen Medien ab: Faulheit, Unverlässlichkeit («the deadline is never met in Greece», sagt ein griechischen Spitzenbanker), Glück. In seiner Eloge auf Griechenland zeigt Bergmann ein glücksbegabtes Land, das Europa unter ein Regime zwingen will. Sein Film ist einseitig in dem Sinn, in dem eine begründete Parteinahme immer einseitig sein muss. Und er macht neugierig auf eine Fortsetzung: In einem zweiten Teil will Bergmann sich mit der griechischen «Widerstandskraft» beschäftigen. Denn von der Krise, von der in Deutschland so viel die Rede ist, wollen seine Griechen nichts wissen.

Uraufführung am 16.1.2020 um 19.30 im Babylon Mitte im Rahmen des Festivals Hellas Filmbox Berlin