10. Juni 2013
1988: Sidney Lumet: Running On Empty (USA)
Zu Beethoven kann man nicht tanzen. Aber auch vieles andere erscheint fast unmöglich, wenn man siebzehn ist und auf der Flucht, (beinahe) so lange man lebt. In den frühen Siebzigern haben Danny Popes Eltern Waffenlabore in die Luft gesprengt und werden knapp zwanzig Jahre danach noch immer als Terroristen gesucht. Sie verschaffen sich immer neue Identitäten, verankern sich möglichst schnell neu im amerikanischen Alltag und ringen der Zermürbung und der Serie falscher Leben erstaunlich viel Richtiges ab. Weil Danny sich nun aber als exzeptionelles Pianistentalent entpuppt und außerdem in eine schlaue Nonkonformistin verliebt, droht diese stabil-instabile Lebensform zu zerbrechen. Running On Empty ist vor allem eins: herausragend human, als Allegorie des Nachlebens einer kritischen Generation. Naomi Fomer und Sidney Lumet zeichnen ihre ganz normale Terroristenfamilie dabei mit geradezu verzweifelter Empathie. Von der Utopie einer anderen Gesellschaft ist binnen einer Generation nur mehr die Restutopie des Verstehens und Verzeihens geblieben. (82cp)