8. Juli 2013
2000: Paolo Benvenuti: Gostanza da Libbiano (Italien)
Eine Frau wird vernommen. Es ist das Jahr 1594. Sie steht im Verdacht, eine Hexe zu sein. Aus den historischen Akten macht Paolo Benvenuti, der einst Jean-Marie Straub assistiert hat, ein Exerzitium in Schwarzweiß. Modelliert wird das Licht gegen die Schwärze, aber auch die fantastische Lucia Poli modelliert die aus den Protokollen genommenen Sätze. Sie verwandelt Sprache nicht in Gesang, sie tut nicht zu viel, sie tut nicht zu wenig, sie führt Körper- und Sprachhaltungen vor, aufrecht und gebeugt, gefoltert und stolz. Wenn da ein Wahnsinn ist, ist er kühl, auf halber Strecke zwischen Alltag und Vortrag. Die Einstellungen nehmen sich Vorbilder an Gemälden, jedenfalls in der Komposition. Gesichter vor Schwärze, Schattenrisse, nicht expressionistisch, aber expressiv. Ich frage mich, was das für eine Erzählhaltung ist. Es geht um Genauigkeit, Ausdruck, Sprache, Schatten und Licht. Nichts davon gewinnt die Oberhand. Aber da ist auch kein Kampf. Ein Gelingen, dem man nichts vorwerfen kann. Ich weiß aber auch nicht, was Benvenuti eigentlich will. (65cp)