spielfilm

13. August 2013

Exterior. Limbo. Night Weltuntergangskino: The Rapture (1991) von Michael Tolkin

Von Bert Rebhandl

© New Line Cinema

Die Komödie This is the End zeigt mit gebotener Deutlichkeit, dass man den biblischen Ausblicken auf das Ende der Welt ihre Dringlichkeit umso stärker raubt, je wörtlicher man sie nimmt. Mir fiel dabei ein Film wieder ein, den ich seinerzeit wohl missverstanden habe – jedenfalls hatte ich die in diesem Fall wirklich entscheidende Pointe vergessen, während die apokalyptischen Reiter, die hier «wirklich» nach Kalifornien kommen, in meinem Gedächtnis geblieben sind: The Rapture von Michael Tolkin.

Es handelte sich dabei wohl um das kontroverse Projekt, das Tolkin sich mit dem Drehbuch zu Robert Altmans The Player verdient hatte. Mimi Rogers spielt Sharon, eine Telefonistin, die ihre Nächte damit zubringt, dass sie mit ihrem Partner Vic (Patrick Bauchau) auf die Jagd nach anderen Paaren geht. Beim Partnertausch gerät sie an David Duchovny, dem das Haar hinten übel in den Kragen hängt, und der den quintessentiell pornofinen Namen Randy trägt. (Randy muss erst Gott finden, bevor er zum Friseur darf.)

Dass an diesem Leben etwas verkehrt ist, muss man nicht dem Period-Detail der frühen neunziger Jahre zuschreiben, obwohl auch das ohne weiteres zulässig wäre (Bundfaltenhosen, Prä-Berglöwinnenmähnen). In ihrer Telefonistenkoje wirkt Sharon wie eine Bresson-Heroine (by way of Paul Schrader), und weil Sex nur für den Moment glücklich macht, sucht sie nach etwas Prinzipiellem.

Sie findet Gott, und außerdem eine Reihe von Anzeichen dafür, dass das Ende der Welt nahe bevorsteht. Zeitsprung über sechs Jahre, ich verrate hier nicht die ganze Geschichte, vielleicht will ja jemand den Film noch anschauen. Doch das anstößige Moment ist ohnehin kein Geheimnis: Tolkin lässt in The Rapture tatsächlich die Welt untergehen (wie Seth Rogen und Evan Goldberg in This is the End auch), wobei die Effekte bei ihm deutlich metonymischer sind: in einem Gefängnis fliegen die Gitterstäbe aus den Mauern, vrumms!

In dem Drehbuch, das ich mir damals sogar eigens gekauft habe, gibt es dann die eschatologisch präzise Angabe EXTERIOR. LIMBO. NIGHT. Sharon befindet sich mit ihrer Tochter auf dem Weg zu Gott, den das Mädchen schon gesehen hat, die Mutter noch nicht. Dabei hätte sie ein Wörtchen mit ihm zu reden. Sie richtet dieses Wörtchen stattdessen an die Tochter, an uns, an die fromme Öffentlichkeit, mit einem religionskritischen Argument, das unmittelbar einleuchtet, das allerdings im Moment der Erscheinung des Göttlichen aufrechtzuerhalten eine ziemlich starke Ansage ist.

Dass ich dieses «Forever», mit dem Sharon auf Distanz zur aufziehenden Herrlichkeit geht, vergessen konnte, hat wohl mit dem anderen Interesse zu tun, mit dem ich den Film vor über zwanzig Jahren gesehen habe, damals, in der Phase der Ablösung von der Religion, umso neugieriger auf eine «Religion», die von den Künstlern kam. Tolkin aber drehte den amerikanischen Armageddisten ihr wichtigstes Mittel (Bilderwucht) gleichsam im Moment des triumphalen Ausspielens gegen sie selbst - mit ein paar knappen Worten. Jetzt erst habe ich sie wirklich vernommen.