spielfilm

25. Dezember 2012

Zwingende Befragung US-Folterdebatte um Zero Dark Thirty

Von Bert Rebhandl

© Columbia Pictures / Sony

 

Dass Kathryn Bigelows Film  Zero Dark Thirty über die Suche nach Osama Bin Laden und die schließliche Tötung des Al-Quaida-Führers in einer Navy-SEALS-Kommandoaktion im Mai 2011 nicht unumstritten bleiben würde, war von Beginn an klar. Als in den USA noch Wahlkampf war (und der Film noch in der Herstellung), warf man der Regisseurin vor, sie wolle Barack Obama in die Karten spielen, und hätte im Gegenzug als «politically connected filmmaker» in unzulässigem Maß Informationen aus dem Weißen Haus bekommen. Nun ist Zero Dark Thirty fertig, in den USA ist der Film am Mittwoch vor Weihnachten in ausgewählten Kinos angelaufen. Und schon gibt es den ersten handfesten Vorwurf von politischer Seite: Drei Senatoren (die Demokratin Dianne Feinstein und die beiden Republikaner John McCain und Carl Levin) beklagen, der Film wäre «grob fehlerhaft und irreführend», und zwar deswegen, weil der Eindruck entstehe, dass unter Folter erzielte Verhörergebnisse zu dem Fahndungserfolg geführt hätten.

Die Kritik, die wie eine Umkehrung spontaner Reaktionen auf die Nachricht vom Tod von Bin Ladens aus dem Mai 2011 erscheint, läuft schon deswegen nicht ins Leere, weil Bigelow keineswegs die Freiheiten einer Fiktion «frei» nach tatsächlichen Ereignissen für ihrem Film beansprucht. Zero Dark Thirty ist dramaturgisch auf eine weibliche Hauptperson zugeschnitten, davon abgesehen aber eine äußerst tatsachennahe Schilderung von Geschehnissen seit dem 11. September 2001, mit dem die Erzählung auch beginnt (wenn auch ohne die einschlägigen Bilder). Den Senatoren stieß wohl unangenehm auf, welch prominente Rolle die Foltermethoden der CIA in Zero Dark Thirty spielen. Inzwischen haben auch die Filmkritiker diese Diskussion aufgegriffen (hier ein Audiodokument mit David Denby, der im New Yorker über Bigelows Film geschrieben hat, im Gespräch mit Dexter Filkins, der Bigelow kürzlich getroffen hat).

Bigelow und dem Drehbuchautor Mark Boal geht es in der Organisation ihres Films aber offensichtlich nicht so sehr um eindeutige Zuordnung von bestimmten Informationen zu «coercive interrogation», sondern um das generelle Klima der nuller Jahre, vor deren Hintergrund die Agentin Maya (Jessica Castain) die Informationen zusammenträgt, die über Bin Ladens Kurier Abu Ahmed schließlich nach Abottabad führten. Das entscheidende Detail kommt im Film von ganz anderer Seite, es ist gerade eines, das im Zuge der Folterpolitik übersehen wurde. Zero Dark Thirty gerät also sofort in die Mühlen der US-Innenpolitik, und mit Sicherheit ist der Brief der drei Senatoren nur der Auftakt zu einer Debatte, die man wohl als nächsten Schritt der Vergangenheitsbewältigung bezeichnen muss: Die USA sind mit ihrem «war on terror» alles andere als fertig.