Crush Valeria Bruni Tedeschi
Es begann mit einer Trennung, mit der sie sich nicht abfinden wollte. Mit dem Rücken zur Kamera und gehobenen Händen stand sie vor der Tür ihres Exfreundes und rang verzweifelt um Haltung. Was mich kriegte, war die Abwesenheit ihres Gesichts. Entweder verdeckten es ihre langen strähnigen Haare oder sie fuhr mit den Händen vor Augen und Mund herum. Vor allem schaute sie immer wieder nach unten, senkte den Blick, sekundenlang. Um dann wieder einfach zu gucken, ohne wirklich etwas zu tun. Das Verhältnis von Blicken, Mimik und Gesten schien irgendwie verrutscht. Die Ökonomie ihres Spiels unterlief alle Bewertungsmaßstäbe. Ich konnte nicht mehr sagen, ob ich sie schön oder hässlich fand, ob mir ihr Spiel zu viel und aufgesetzt erschien – die weit aufgerissenen Augen, das Grinsen, der offene Mund, die gespreizten Hände – oder ob es mir doch zu reduziert war: der abgewendete Blick, der fast genuschelte Text, die Pausen, in denen gar nichts geschah. Im permanenten Umschlagen von Haltungen schienen alle Bewertungskriterien zu implodieren – und ich wollte mehr. Auch wenn mir regelmäßig Zweifel über meine Gefühle kamen, was damals in den 90er Jahren zum ersten Mal in Oublie Moi passierte, ereignete es sich seitdem immer wieder. Am schönsten vielleicht in ihrem Film Actrices. Auch hier steht sie vor einer Tür, jetzt auf einer Probe. Die simple wie bescheuerte Aufforderung des Regisseurs ist, zu zeigen, wie die Figur einfach durch eine Tür geht. Ihr gelingt es dabei, die Abgründe des Schauspielens zu offenbaren. Sie vergisst alles: ob sie Links- oder Rechtshänderin ist, wie man eine Klinke anfasst. Immer wieder beginnt sie, bricht ihre Bewegung ab, geht weg, schüttelt die Hände aus, nimmt den Ellenbogen zu Hilfe – vergeblich. Schließlich tritt sie die Tür ein. Das Drama der Schauspielerinnenfigur – das Scheitern am Öffnen einer Tür – wird zum selbstironischen Kommentar auf das eigene Spiel: ein Kampf gegen Widerstände, der jede ausgeglichene Ökonomie des Zeigens sprengt. Toll.