editorial

Tatort Fußball

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Kino & Fußball: den Gemeinsamkeiten und Differenzen gehen mehrere Beiträge in unserem Sommerheft nach. Christian Petzold erklärt im Gespräch, warum das deutsche Team nicht mehr verachtenswert ist und was Fußballästhetik mit gesellschaftlichen Prozessen zu tun hat; grundsätzlich gilt: «Im Kino geht man ans Ende des Symbolischen, im Stadion sitzt man, wie Canetti gesagt hat, mit dem Rücken zum Alltag.»

Eher den Atem der handfesten Machtpolitik spürt im Genick, wer im ukrainischen Donbass ins Stadion geht – der DokumentarfilmerJakob Preuss berichtet über die Hintergründe zu seinem Film The Other Chelsea, der den Oligarchenverein Schachtjor Donezk und sein Umfeld in den Blick nimmt. Um die richtige Zuschauerposition geht es auch Cristi Puiu. Der rumänische Regisseur ist mit seinem herausragenden Film Der Tod des Herrn Lazarescu, der ihn international berühmt gemacht hat, heute nicht mehr zufrieden: Es bleibe für den Betrachter darin zu wenig unklar. Im Gespräch erläutert er u.a. seine Suche nach einer konstruktivistisch inspirierten Ästhetik, die den Zuschauer mit den Eigenlogiken von Figuren und Geschichten konfrontiert, über deren «accidents» auch der Regisseur die Kontrolle verliert.

Nicht alles ist Fußball: Das neuere griechische Kino, Patrick Keillers Robinson Institute, die komplizierte (Post-)Produktionsgeschichtevon Kenneth Lonergans Margaret, Douglas Crimps Warhol-Buch, atavistische Mode von Rick Owens, Musikvideos von «FedericoStroszek», der Comic Aufzeichnungen aus Jerusalem von Guy Delisle.

Nicht Fußball ist auch: Sonntag 20.15 Uhr, der Tatort. Mit den Gründen für dessen Erfolg, mit seiner Funktion als die Nation verbindendes Diskursereignis und auch mit dem einstigen Ost-Pendant Polizeiruf 110 setzt sich Matthias Dell in einem Essay auseinander – nicht ohne nebenbei deutlich zu machen, warum Til Schweiger mal wieder gar nichts kapiert hat.