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5 Filme Rainer Merkel

Massaker  Mit fast pornographischer Gewalt reihen Monika Borgmann und Lukman Slim die Interviews mit den Kämpfern der Falangisten aneinander, die in leerstehenden Wohnungen mit unkenntlich gemachten Gesichtern zu einer quälend langen Privatphilosophie des Tötens anheben. Sabra und Shatila, das Camp, in dem das Massaker 1982 stattgefunden hat, gibt es noch heute. Es liegt mitten in Beirut, aber neben den Palästinensern haben sich dort mittlerweile immer mehr syrische Flüchtlingen einquartiert.

Die Fälschung  Der libanesische Filmemacher Karim Koleilat sagt, dass es überflüssig ist, in Beirut Spielfilme zu machen. Es gäbe genug realen Stoff und genug Drama. Das einzige Interessante an dem jetzt fast skurril wirkenden Beirut-Spielfilm von Volker Schlöndorff ist deswegen auch eher in den Extras der DVD zu finden. Wie Schlöndorff 1981 mit Schiebermütze durch eine zerbombte Straße in Downtown Beirut läuft und erklärt, wie die Kämpfer tagsüber bei ihm am Set waren, nachdem sie nachts noch gekämpft hatten, und dass sich Hanna Schygulla in Beirut so wohl gefühlt hat, dass sie nach den Dreharbeiten durchs Land gereist ist, um nach einem Kind zu suchen, das sie adoptieren kann.

Skyfall  Vielleicht liegt es an der Bombe, die hier in unmittelbarer Nähe der ABC Shopping Mall am Sassine Platz hochgegangen ist, dass ich dreimal hintereinander bei dem Versuch scheitere, den neuen James Bond zu sehen. Mittlerweile ist der Film so gut besucht, dass man selbst für die Spätvorstellungen keine Karten mehr bekommt. Beim dritten Versuch kommt mir schon am Ausgang die Upperclass von Achrafija entgegen, gut gekleidete distinguierte Frauen mit ihren noch besser gekleideten Töchtern, so dass ich gar keinen Versuch mehr mache, zur Kasse vorzudringen

Unabhängigkeitstag  Die Begeisterung, mit der die Leute hier alles filmen, übersteigt bei weitem die Ekstase, mit der sie mit den kostenlos verteilten Plastikflaggen den Akrobaten zuwinken, die auf dem Dach eines Lastwagens herumturnen. Ein kleines Mädchen hält ihr iPad hoch, um die Männer des Harley-Davidson Clubs aufzunehmen, die zu Ehren des Unabhängigkeitstages auf dem Märtyrer-Platz ein paar Runden drehen. Das iPad hat eine rosafarbene Schutzhülle, und in dem Film, der in dem Bildausschnitt vor mir läuft, erscheint der Libanon auf einmal wie ein großer bunter Zirkus, der hier kurz Station gemacht hat und dessen Zuschauer ich zufällig bin.

A History Lesson  Mit großer Leichtigkeit porträtiert Haly Zaccak Libanons Schulsystem. Die Schüler erscheinen trotz der ideologischen Ausrichtung ihrer Schulen erstaunlich offen und differenziert. Natürlich kommt auch Hassan Nasrallah vor, den ich ein paar Tage später predigen höre. Nasrallah zu filmen ist streng verboten, obwohl er selbst seinen Zuschauern nur auf einer riesigen Leinwand entgegentritt. Man muss sogar sein Telefon vorher abgeben. Die Schuhe in einer kleinen schwarzen Plastiktüte vor mir, höre ich drei Stunden lang geduldig zu und versuche unbeteiligt zu erscheinen, während einige der Männer, die um mich herum auf dem Boden sitzen, am vorletzten Abend der Ashura in Tränen ausbrechen. Die Vermischung von Religion und Politik erscheint mir zumindest an diesem Abend, der wichtigsten Zeremonie der Schiiten, gar nicht mehr so abwegig.

 

Der Schriftsteller Rainer Merkel ist derzeit als Stipendiat von «Kunst und Dokument» in Beirut. Bei Fischer ist kürzlich sein Reportagen-Buch Das Unglück der anderen: Kosovo, Liberia, Afghanistan erschienen