starsystem

Red Cliff von John Woo

© China Film Group / Lion Rock Productions

 

Red Cliff (Chi bi) von John Woo

In seinem Historienspektakel Red Cliff (Kinostart in Deutschland: Juli 2009) erzählt John Woo eine Geschichte aus der Zeit, in der China zu Beginn des 3. Jahrhunderts in drei Reiche zerfiel. Die Besetzung der Hauptrollen hingegen verweist auf die jüngste Vergangenheit, in der das chinesische Kino, das lange Zeit ebenfalls in drei «Reiche» zerfallen war, zusammenwächst und dabei auch ein großchinesisches Starsystem ausprägt.

 

John Woo

Für den Regisseur bedeutet Chi bi eine Rückkehr nach Hongkong im Triumph. Es ist allerdings eine völlig veränderte Landschaft, in die er aus Hollywood zurückkehrt. Als er 1993 – nach Hongkong-Klassikern wie Hard Boiled oder The Killers – in die USA ging, um mit Jean-Claude Van Damme Hard Target zu drehen, gab es in der damals noch von China unabhängigen englischen Kronkolonie eine funktionierende Filmindustrie mit Genreformeln, die er grandios ausreizen konnte. In Hollywood schaffte er im Grunde nur einen wirklich brillanten Film: Face / Off (1995). Das Hongkong, das er kannte, gibt es nun nicht mehr, und wenn man in in Chi bi mehr sehen will als nur einen bombastischen Versuch, Martial Arts mit nationaler Mythologie möglichst überlebensgroß zu verbinden, dann kann man den Film wohl nur als Rationalisierung und Humanisierung der festlandchinesischen Dominanz lesen – und als Antwort auf Zhang Yimous Hero, der dieser Dominanz eine despotische Legitimation angedient hatte.

 

Zhang Fengyi

Der 1956 in der chinesischen Provinz Hunan geborene Darsteller muss in Chi bi den Auslöser der großen Krise spielen: Cao Cao ist Machtpolitiker, Kriegstreiber, Imperialist. Und doch mischt sich in seine Ungerührtheit immer wieder das Staunen über den Edelmut seiner Gegner. Zhang Fengyi ist einer der routiniertesten Männerdarsteller des chinesischen Kinos, eigens thematisiert wird seine Virilität in seinem wohl interessantesten Film, Ba wang bie ji (Farewell my Concubine, 1993) von Chen Kaige. Er spielt dort den Duan Xialou, einen angehenden Star der Pekingoper, in den sein Freund und Kollege Cheng Dieyi (Leslie Cheung, der sich 2003 das Leben nahm) hoffnungslos verliebt ist. Gong Li komplettierte damals das Liebesdreieck.

 

Tony Leung Chiu Wai

Es dauert eine ganze Weile (eine lange Schlacht und zwei Strategiedebatten bei Hof), bevor John Woo den eigentlichen Helden von Chi bi einführt: Der General Zhou Yu steht im Bürgerkrieg des 3. Jahrhunderts auf der Seite des Südens, jener Region, die in China als «Himmel auf Erden» begriffen wird. Der edle Krieger wird wie ein Kaiser in Szene gesetzt, eine hieratische Figur, die mit den Symbolen des Flügels und der Flöte an dieser Stelle noch ganz der Ordnung verbunden ist, auf die Chi bi über eine lange, blutige Reichsbefriedung hinweg hinausläuft. Ursprünglich sollte der Action-Held Chow Yun-Fat die Rolle des Zhou Yu spielen, doch es bedurfte einer größeren Vielzahl an Registern, um diese Figur nicht einseitig dem Kriegshandwerk zu überantworten. Tony Leung Chiu Wai, geboren 1962 in Hongkong, verkörpert nicht nur perfekt die Reflexion und Rechtschaffenheit, die in China der Brillanz im Kampf zugrundeliegt, er hat auch in seiner Karriere in allen Bereiche des chinesischen Kinos gewirkt und damit das eigentliche Thema von Chi bi, die Integration Chinas in ein friedliches, prosperierendes, der Weisheit zugewandtes Reich, in der Gegenwart konkret vorgelebt. In Bei qing sheng shi (Stadt der Traurigkeit) von Hou Hsiao-hsien tauchte er 1989 in dem Epos der Abspaltung Taiwans auf, in Fa yeung nin wa (In the Mood for Love) von Wong Kar-waiu spielte er 2000 einen nomadischen Journalisten. Die Souveränität, mit der Tony Leung Chiu Wai die Grenzen zwischen Autoren-und Genrekino aufhebt, macht ihn zu der idealen Besetzung des edlen Kriegers Zhou Yu.

 

Wei Zhao (Vicki Zhao)

In Chi bi ist für eine bedeutende Frauenrolle eigentlich kein Platz, umso mehr wurde das Duell der beiden Hauptdarstellerinnen von den Medien hochstilisiert: Neben der Newcomerin Lin Chi-ling, die immer wieder als «schönste Frau Chinas» bezeichnet wird, vertritt Wei «Vicki» Zhao die vielfachen Synergien der Popkultur: Sie ist Sängerin, Werbestar, sie hat in Filmen von Zhang Yuan und Ann Hui gespielt, und sie war in dem großartigen Slapstick-Spaß Shaolin Soccer zu sehen. Vor allem aber bildet Vicki Zhao das Verbindungsglied in die Welt der chinesischen Fernsehserien, wo sie in zahlreichen Rollen gearbeitet hat, und wo die Konstellationen, für die Chi bi nur am Rande Platz hat, endlos ausgespielt werden.

 

Takeshi Kaneshiro

Der Popstar. Geboren 1973 in Taipei, zur Hälfte (taiwanesischer) Chinese, zur Hälfte Japaner. Trat als Cop Nummer 223 in Wong Kar-wais Chung Hing sam lam (Chungqing Express) zum ersten Mal weltweit in Erscheinung. Seine Karriere als Sänger ermöglicht ihm einen selektiven Umgang mit Filmrollen, er tritt sowohl in Japan als auch in China auf. In Zhang Yimous Shi mian mai fu (House of Flying Daggers, 2004) zeigte er sein romantisches Potential an der Seite von Zhang Ziyi. In Chi bi spielt er Zhu-ge Liang, einen intellektuellen Diplomaten und Politikberater, der Allianzen schmiedet und seine Ratschläge aus den Schriften von Kong Futsi (Konfuzius) und Mengzi (Mencius) herleitet.

 

Chang Chen

Geboren 1976 in Taipei, spielt in Chi bi den Herrscher im Süden, Sun Quan. Er wurde in einem ganz anderen Zusammenhang entdeckt: 1991 bekam er die Hauptrolle in Gu ling jie shao nian sha ren shi jian (A Brighter Summer Day) von Edward Yang, einem zentralen Werk der taiwanesischen Neuen Welle.