spielfilm

Funny People

© Universal Pictures

 

Das Komödien-Universum, in dessen Zentrum Judd Apatow als Produzent, Mentor, Schutzschirm, Nachwuchsförderer, Drehbuchautor und Regisseur steht, wird in Funny People weiter ausdifferenziert. Wie zuletzt in You Don’t Mess With the Zohan – Drehbuch-Koautor: Apatow – steht Comedian Adam Sandler im Zentrum des Films. Während es in Zohan um die ingeniöse Mischung von Klamauk, Politik und Katzenfußball ging, bekommt es die Sandler-Figur als einen misanthropischer Komiker namens George Simmons in Funny People mit dem Ernst des Lebens zu tun.

Und also dem Tod. Es wird bei Simmons, der, wie Sandler im richtigen Leben, mit törichten Komödien Millionen gescheffelt hat, eine seltene Form der Leukämie diagnostiziert. Heilungsaussichten: minimal. Simmons reagiert erratisch. Der Film auch. Simmons engagiert den Nachwuchs-Comedian Ira Wright (Apatow-Regular Seth Rogen), als Witzschreiber einerseits. Er weiht ihn aber auch als ersten und zunächst einzigen ins Geheimnis seiner Erkrankung ein. Freunde sind sie trotzdem noch lange nicht, denn Funny People bleibt das Porträt des Komikers als sterbendes Arschloch. (In letzter Sekunde erst kennt Apatow Gnade - und prompt ist’s ein Ärgernis.)

Die merkwürdig unvertäute Dramaturgie, der sich das Buch mutig überlässt, wird von Simmons’ spontanen Ideen, seinen plötzlichen Richtungswechseln und Stimmungsschwankungen dominiert. Dazu kommen allerdings Penis-Witze sonder Zahl. Es ist, als trüge der Film in seinem Innersten einen Kampf um Vorherrschaft aus: So gibt es erstaunlich genau gearbeitete Verschiebungen im Mikrotonalen. Immer wieder trudeln ganze Szenen ins Unbestimmte, ja, Leere weg. Adam Sandler tut raunzend und quengelnd das Seine dazu: Er spielt das unausstehliche Kind im Mann so ins Unreine, dass es für konventionelle Pathos- und Gefühlsaufschwünge niemals reicht. Ein trauriger Clown, der dem Zuschauer Tränen abknöpft, ist er nicht.

Pointen werden aufgeschoben, zerspielt oder bleiben gleich völlig aus. Apatow leistet in einzelnen Szenen ganze Arbeit an der Zerstörung der (komischen) Form. Auf diese Grundierung setzt er jede Menge direkte Gegenwartsbezüge, an erster Stelle eine ausgedehnte My Space-Sequenz. Und legt der wie eigens dafür erdachten Comedy-Nachwuchs-WG (Jonah Hill, Jason Schwartzman) einen dick joke nach dem anderen in den Mund. In der Ira-Figur wird das selbst noch einmal zum Penis-Pun verdichtet: Iras eigentlicher Name lautet nicht Wright, sondern Weiner (wie in wiener, Slang-Wort für Penis). Der selbstgewählte Künstlername als Akt der Verdeckung und/oder Sublimation. Darunter lauert ungebärdig die schiere Vulgarität – auch das Jüdische wird interessanterweise gleich mitverdrängt.

Dem Kampf von Wright gegen Weiner (Über-Ich und Es) entspricht ziemlich genau die sich entwickelnde Psychodynamik zwischen Ira und George. Der nämlich schreibt einen kleinen Weiner-(Wiener)-Song und singt ihn, bis es nicht mehr lustig ist. Ira wiederum setzt alles aufs Spiel, um George nicht in ein grundfalsches Happy End rennen zu lassen. Aushandlungen dieser Art bestimmen Funny People insgesamt: Es geht um die Frage, wie sich das Lustige und das Nicht-Mehr-Lustige, das Offensichtliche, das Verdrängte, das Verlogene und das Wahre begegnen, kreuzen, konterkarieren und, grundsätzlicher, überhaupt zueinander verhalten. Eine einfache Antwort gibt Apatow trotz gelegentlicher Ansätze zur allzu billigen Versöhnung nicht. Die Widersprüche und Gegensätze stehen nicht still, aber bleiben. Die Zeit und den Platz, die nötigen Auseinandersetzungen auszufechten, nimmt Apatow sich. Wegen dieser Offenheit, wegen des Verzichts auf bündige Abschlüsse im Kleinen und Großen geht die viel beklagte Länge des Films von zweieinhalb Stunden völlig in Ordnung.