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Weißes Cargo Zur digitalen Postkolonialität von James Camerons Avatar

In James Camerons Science-Fiction-Film Avatar treffen Menschen auf eine neue Welt, die verblüffend alt aussieht – nahezu jedes visuelle Detail lässt sich auf einer imaginären Landkarte zwischen James Hiltons Shangri-La und den Welten des Illustrators Roger Dean verorten. Und auch mit den Fabelwesen, die auf dem Planeten «Pandora» entdeckt werden, hat es eine wesentlich synkretistische Bewandtnis, wie wir am Beispiel der Figur Neytiri erkennen können. Dieses Naturwesen mit der Physiognomie einer aufgerichteten Katze ist in Avatar digital animiert – dahinter steht eine reale Schauspielerin, Zoe Saldana, bekannt geworden zuletzt vor allem dadurch, dass sie in Star Trek von J. J. Abrams die Rolle der Uhura auf den postkolonialen Stand brachte. Neytiri ist aber mehr als nur eine technisch verfremdete Menschenfigur, sie ist wie so viele frühere Erscheinungen im phantastischen Genre selbst schon ein Katalog älterer Vorstellungen des Anderen. Zoe Saldana tritt in eine Tradition, die Frauen wie Hedy Lamarr (die in Richard Thorpes White Cargo 1942 die afrikanische Verführerin Tondelayo spielte) oder Q’Orianka Kilcher (die in Terrence Malicks The New World das Indianermädchen Pocahontas spielte) noch vordigital etablierten, und in die auch zahlreiche weitere ethnisch konnotierte Darstellerinen gehören, die wie Dalia Fernández in Mel Gibsons Apocalypto oder Halle Berry als Catwoman phänotypisch und kategorial vom Typus der weißen «leading lady» abweichen. Wenn die Rapperin Nefateri sich aus afrozentristischen Gründen eine altägyptische Kunstmythologie zulegt, ist dies die ins Subjektive und ins «self empowerment» gewendete Form einer Appropriation, die bei James Cameron strikt kulturindustriell funktioniert: Er bringt hinter der Figur der Neytiri nicht nur eine Schauspielerin zum Verschwinden, sondern auch das Prozedere, das wir bei der Figur des Gollum aus Der Herr der Ringe noch als eigentlich anstößig kennengelernt haben.