Der Idiot der Firma Zu Dinner for Schmucks von Jay Roach
Drei Angestellte blicken durch eine Glasfassade vom sechsten Stock eines Bürogebäudes auf den Parkplatz. Dort unten geht gerade ein kleiner Mann zu seinem Auto. Er ist so klein, dass man von oben gar nicht erkennen kann, um wen es sich handelt, aber die Kollegen wissen, wer er ist: Jacobsen war auf dem Sprung in den siebten Stock, wo die wirklich harten Händler dieser Private-Equity-Firma sitzen. Er hat sich bei diesem Sprung vertan, nun trägt er seine Sachen zum Auto. Die berufliche Beförderung ist in der Komödie Dinner for Schmucks von Jay Roach mit einem Ritus der Passage verbunden, der die Durchdringung von beruflicher und privater Existenz gleichsam auf die Spitze einer Beförderung in das Allerheiligste bringt – man wird zu einem Abendessen in der noblen Residenz des Firmenchefs geladen, allerdings mit der Auflage, einen Idioten mitzubringen, einen arglosen Menschen, der sich vor der versammelten Runde lächerlich machen soll. Dieses «Dinner for Schmucks» ist zugleich ein Selektionsverfahren, denn die Kollegen bringen ebenfalls Idioten mit, und eine Beförderung wird erst wirksam, wenn der Mitarbeiter seine Qualifikation dadurch erwiesen hat, dass er einen größeren Idioten auftreibt als alle seine Kollegen.
Im ersten Bild von Dinner for Schmucks steht Tim (Paul Rudd) in der Mitte der drei Kollegen, die Jacobsens Abgang beobachten. Er wird der Held des Films, und in diesem Manöver liegt ein beträchtliches Maß an Intelligenz. Denn in der französischen Vorlage Le dîner des cons von Francis Veber (zuerst ein Theaterstück, ein perfekter Boulevardhit, 1998 dann ein sehr erfolgreicher Film) ist der «Täter» zugleich das «Opfer» – ein reicher Verleger ist der Gastgeber dieser Abendgesellschaften, und er ist es auch, dem durch eine Verkettung von Umständen übel mitgespielt wird, bevor sich alles wieder auflöst. Im amerikanischen Remake wird nun aber das «sich zum Idioten machen» auf verschiedenen Ebenen komisch reflektiert und in den größeren Zusammenhang des alles durchdringenden Wettbewerbs gestellt.
Tim ist vor allem deswegen an einem Karrieresprung interessiert, weil er seiner Freundin Julie nicht nachstehen will, die als Galeristin gerade den großen Durchbruch hat (mit einem Künstler, den Jermaine Clement als grandiosen Idioten spielt). Als ihm der verschrobene Barry (Steve Carell) über den Weg läuft, sieht er diesen Zufall als ein Zeichen für ein zentrales Ideologem des amerikanischen Kinos: «Things happen for a reason.» Die in diesem Satz enthaltene Doppeldeutigkeit bildet den moralischen Kern von Dinner for Schmucks und korrespondiert einem doppelten Begriff von Idiotie – je nach Bezugssystem gibt es eine klassische Idiotie (die im Grunde der – mehr oder weniger – edlen Einfalt entspricht, die im semantischen Register des ursprünglichen griechischen Begriffs angelegt ist) oder eine moderne Idiotie, die aus dem Verblendungszusammenhang des «Rattenrennens» resultiert, zu dem die Kapitalwirtschaft geworden ist.
Erfolg hat ganz buchstäblich, wer den größeren Idioten findet. Dinner for Schmucks zielt genau auf den blinden Fleck des französischen Originals, selten hat ein Remake also größere Berechtigung gehabt, und nebenbei bekommen wir mit dieser (schon wieder einer) großen amerikanischen Komödie nicht nur einen tollen Epilog zu der aktuellen Krise, sondern einen Prolog zu allen kommenden – und einen anspruchsvollen Weg ins Freie auch schon mitgedacht.